Die Sonderauflage der Neuen Nachhaltigkeitsstrategie 2048

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Neuer Wein in alten Schläuchen?!

Das Jahr 2048 steht kurz davor als entscheidender Durchbruch für die Nachhaltigkeitspolitik in Deutschland in die Geschichte einzugehen. Nach zähen Verhandlungen konnte die Regierung ihren Entwurf für einen zweijährigen Aktionsplan „Rettet die Nachhaltigkeit“ veröffentlichen, der neuen Schwung in die Umsetzung der universalen Ziele für ein gutes und gerechtes Leben („Governance Goals on Goodness and Global Justice“ – 4G) bringen soll.

Die turnusmäßige Neuauflage der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie im Jahr 2048 soll genutzt werden, um einen umfassenden und ambitionierten Umsetzungsplan voran zu bringen, der die gewaltigen Lücken in der Zielerfüllung bis zum Jahr 2050 zu lösen vermag. Bundeskanzler Jens Spahn äußert sich in einem ersten Interview verhalten optimistisch zum neu gefundenen Kompromiss: „Noch nie in der Geschichte der deutschen Nachhaltigkeitspolitik waren so viele Behörden und Institutionen mit der Umsetzung dieser Aufgabe betraut.“

Die Neue Nachhaltigkeitsstrategie war in ihrer ersten Auflage im Jahr 2032 erschienen und stellte damals den wichtigsten Umsetzungsplan der Governance Goals on Goodness and Global Justice, die im Jahr 2030 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurden. Das umfassende Zielsystem wurde damals als Antwort auf die eklatanten Umsetzungsdefizite der Sustainable Development Goals (SDGs) ins Leben gerufen – gemeinsam mit einem radikalen Paradigmenwechsel in der Arbeit der Vereinten Nationen. Nach jahrzehntelanger Fixierung auf ‚unabhängige Bewertungskriterien‘ und der damit einhergehenden Machtkonzentration auf nationale Statistikbehörden, sollte das neue Zielsystem die Pluralität der Mitgliedsnationen widerspiegeln. In den Worten der damaligen UN-Generalsekretärin Beyonce Knowles: „Wer sind wir, dass wir definieren wollen, wer als arm und benachteiligt zählt? Worauf es ankommt, ist das Empfinden der Menschen weltweit. Objektivität hat keinen Platz im Zeitalter der Individualität.“

In einer bisher beispiellosen Online-Konsultation wurden die Stimmen von insgesamt einer Milliarde Menschen weltweit zusammengetragen und in einem Zielsystem akkumuliert, das sich hauptsächlich auf den Mittelwerten der eingereichten Antworten zusammensetzt. Natürlich eröffnete dieses Vorgehen relativ großen Spielraum in der eigenen Adaption des Zielkatalogs. Deutschland erfasst zwar weiterhin den Fortschritt zur Erfüllung der internationalen Zielvorgaben, doch das Kernstück der Neuen Nachhaltigkeitsstrategie stellt die sogenannte „Enkel*innen-Kommission“ dar. Diese unabhängige Kommission bewertet jährlich die Fortschritte Deutschlands hinsichtlich eines guten und gerechten Lebens. Die 50-köpfige Kommission setzt sich jedes Jahr neu zusammen und wird aufgrund der Minderjährigkeit zahlreicher Mitglieder anonym gehalten – ein Umstand, der hartnäckige Gerüchte befeuert, dass die Kommission sich mehrheitlich aus Enkelkindern der Regierungsparteien zusammensetzt.

Mit großer Regelmäßigkeit bescheinigt die Enkel*innen-Kommission Deutschland einen hervorragenden Nachhaltigkeitsstatus und ermöglichte der Regierung auf internationalen Foren mit ihren Fortschritten zu glänzen. Nicht zuletzt diese öffentliche Zurschaustellung hat die UN dazu bewegt, stärker auf die Umsetzung der internationalen Zielvorgaben zu pochen. Bei der Erfüllung der dieser Kriterien wurde Deutschland jedoch durch die zivilgesellschaftliche Beobachtungsgruppe „Good World Watch“ ein mangelhaftes Zeugnis und dringender Nachholungsbedarf bescheinigt. Die Botschaft scheint angekommen sein. Kanzler Spahn sagte in seiner Regierungsansprache im Jahr 2046: „Es ist klar, dass wir vor riesigen globalen Herausforderungen stehen. Nachhaltigkeit ist grundlegendes Ziel und Maßstab unseres Handelns geworden.“

Mit diesem Bekenntnis war der Weg frei für die Erarbeitung eines umfassenden Aktionsplans, der die zahlreichen Ziellücken bis 2050 adressieren und schließen sollte. Unter dem Titel „Rettet die Nachhaltigkeit“ waren alle 32 Bundesministerien eingebunden, um Vorschläge für schnelle und wirkungsvolle Lösungen zu präsentieren. Kritik gegen die Pläne der Regierungen formulierte sich vor allen Dingen aus der Zivilgesellschaft. Ein breites Bündnis aus Verbänden bemängelte in einem gemeinsamen Statement die „fehlende Lernfähigkeit der Bundesregierung“ und bedauerte sehr, dass seit nunmehr 50 Jahren die „Zementierung des Status Quo zum höchsten Ziel des Regierungshandelns verkommen sei“. Die Veröffentlichung des Aktionsplans wird für die kommende Woche erwartet. Noch bleiben 2 Jahre damit Deutschland seinen internationalen Verpflichtungen gerecht wird – die Zeit zum Handelns ist jetzt!

 

Elisabeth Staudt

Referentin für nationale Nachhaltigkeitspolitik beim Forum Umwelt und Entwicklung.

 

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